Ausstellung „Züge und den Tod“

Elf von sechs Millionen

Ausstellung zu Schicksalen jüdischer Coburger und ihrer Deportation.

 

Die Ausstellung „Da49, Da512 – Züge in den Tod“ vergegenwärtigt über 80 Jahre nach ihren Deportationen die Lebensgeschichten von elf jüdischen Coburgerinnen Coburgern und die Wege der meisten von ihnen in den Tod. Dem „Holocaust“, dem Völkermord der Nationalsozialisten an den europäischen Juden, fielen insgesamt 5,6 bis 6,3 Millionen Menschen zum Opfer. Die coburgspezifische Ausstellungsfassung erinnert an elf dort beheimatete Opfer der Deportationen des Jahres 1942. Sie wird nun bis 6. Dezember 2024 in der Staatlichen Berufsschule 2 Coburg gezeigt.

Am 11. November eröffnete  Schulleiter Nico Höllein zusammen mit Gaby Schuller und Dr. Hubertus Habel vom „Arbeitskreis Lebendige Erinnerungskultur Coburg“ und den Klassen WGH 11A und WEH 11A die Ausstellung „Da49, Da512 – Züge in den Tod“. Sie handelt vom Schicksal von elf jüdischen Coburgerinnen und Coburgern, die von den Nationalsozialisten deportiert wurden. Die meisten von ihnen wurden durch die Nazis ermordet.

Nachdem die Schulleitung die Wichtigkeit der Ausstellung mit dem Verweis auf die Fächer Politik und Gesellschaft, Religion, die Antisemitismusprävention und die Verfassungsviertelstunde begründet hatte, stieg Herr Dr. Habel mit einem Einführungsvortrag über die politische Situation damals ein. Der Holocaust, die Ermordung von 5,6 – 6,3 Millionen europäischer Juden durch die Nazis, wurde in den Zusammenhang der Coburger Geschichte gebracht: So war Coburg die erste Stadt mit einem nationalsozialistischen Bürgermeister. In der „Prügelstube“, damals direkt am Coburger Marktplatz, wurden Juden und Regimegegner misshandelt. Der Name „Da“ aus der Ausstellung bedeutet „Deutsche Aussiedler“, eine zynische Bezeichnung der Nazis für die Deportierten: Die Gestapo zwang sie sogar, für die Deportation in die Konzentrationslager 60 Reichsmark zu bezahlen, wobei die Bahn ab 400 Personen 50% „Mengenrabatt“ gewährte. Nachdem ihnen durch das NS-Regime bereits die wirtschaftliche, berufliche und bürgerliche Existenz genommen worden war, raubten ihnen die Nazis mit den Deportationen in die Vernichtungslager auch noch ihre Individualität und ihre Namen: Sie waren nur noch Nummern.

Herr Dr. Habel erklärte den Schülerinnen und Schülern, wie wichtig die Erinnerung an diesen Rassenwahn heute ist, indem er an den ersten Artikel unseres Grundgesetzes erinnerte: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Davon ausgehend ging er kritisch auf das fremdenfeindliche Wort „Remigration“ ein, mit dem heute rechte und rechtsextreme Gruppierungen fordern, Menschen mit Migrationsgeschichte unter Zwang auszuweisen.

Gaby Schuller recherchierte ehrenamtlich die Biographien der jüdischen Coburgerinnen und Coburger, die deportiert wurden. Auch durch ihre Nachforschungen ließ sich den Coburger Opfern des Holocaust, die in der Ausstellung gezeigt wurden, wieder ein Gesicht geben. So erzählte Frau Schuller unseren Schülerinnen und Schülern von Sally Ehrlich, nach dem eine Straße in der Coburger Innenstadt benannt ist. Er übernahm von seinem Vater eine Hut- und Mützenfabrik in Coburg. Sein Bruder und Schwager fielen im ersten Weltkrieg und wurden als „Helden des Vaterlandes“ geehrt. Während Sally Ehrlichs Bruder Hermann nach seiner Verhaftung 1938 noch die Ausreise in die USA gelang, wurde sein anderer Bruder Max ins Internierungslager Gurs verschleppt (wann er dort starb, ist nicht bekannt). Seine Schwester Jenny, deren Tochter Edith und Sally Ehrlich selbst wurden von den Nazis in Auschwitz und Izbica ermordet.

Nach der Einführung konnten sich die Schülerinnen und Schüler selbst an den Rollups der Ausstellung informieren. Ein „Danke“ einer Schülerin beim Hinausgehen bestätigte uns, dass es gut und richtig war, diese Ausstellung an unsere Berufsschule zu bringen.

Martin Kollei